Vor etwas mehr wie zwei Jahren ist ein Nikkor 15mm f/3.5 AIS als Ergänzung nach unten zu meinen Nikkoren hinzu gekommen. Eigentlich suche ich die Berg&Tal-Varianten der Nikkore, aber ich finde Brennweiten dieser Objektive ab 135mm wie auch Brennweiten unterhalb 20mm für nicht geeignet an digitalen Kameras, es kommt keine Freude an den Ergebnissen auf.
Diese lange Zeit bis dieser Eintrag Online geschaltet wurde zeigt, dass das 15mm nicht gerade ein Objektiv für den täglichen Einsatz ist. Es gibt viele Verweise aber wenig Testberichte und noch weniger Beispielbilder im Netz. Die wenigen Testberichte die es gibt sind dazu auch noch sehr wiedersprüchlich und gegensätzlich im Fazit. Wer mit der Fotografie beginnt, verwendet ein Weitwinkel, damit alles mit aufs Bild kommt und empfindet es als die einfachste Brennweite, viel einfacher wie ein Tele.
Mit den Jahren merkt man, dass diese Bilder eigentlich ziemlich langweilig sind, ist das meiste doch Himmel oder sonst uninteressantes und nichtssagendes auf dem Foto. Als erfahrener Fotograf probiert man, dem Betrachter ein möglichst einfaches Bild einer Idee zu vermitteln und merkt, dass Weitwinkel zu den komplizierteren Brennweiten gehören, das ein Bild "konstruiert" werden will. Weitwinkelobjektive unter 40mm Brennweite für Spiegelreflexkameras gibt es erst seit 1950. Nikon brachte 1959 zu seiner Nikon F ein 21mm heraus, wobei allerdings zuerst der Spiegel vor dem Aufsetzen des Objektives hochgeklappt werden musste und ein spezieller Sucher auf den Blitzschuh aufgesteckt wurde. 1967 änderte sich dies durch die Einführung des Nikkor 20mm f/3.5 UD, welches ohne Umstände zu verwenden ist.
1975 brachte Nikon das Nikkor 13mm f/5.6 Non-AI heraus, ein Superweitwinkel der Extraklasse. Es deckt einen Bildwinkel von 118° ab und hat ein stolzes Gewicht von 1.2 kg. Es wurden nur gerade 350 Stück davon produziert. Es hat für seine Brennweite praktisch keine Verzeichnung, selbst heutige Objektive haben mehr. Dieses Objektiv wurde nur auf Bestellung gebaut und ist heute noch um die $10'000, sofern man eines findet.
Weit erschwinglicher ist das Nächste in der Linie, das Nikkor 15mm f/5.6 und annähernd so beeindruckend in der Wirkung. Es kam 1973 auf den Markt und wurde 1979 durch die schnellere Variante Nikkor 15mm f/3.5AI abgelöst, welches in der AIS-Variante bis 2005 produziert wurde. Obwohl es vom f/3.5er über 10'000 und vom lichtschwächeren nochmals 3'000 Stück produziert wurden, so sind beide Varianten auf dem Gebrauchtmarkt nur schwer zu finden. Das Lichtstärkere der beiden ist mit 14 Linsen in 11 Gruppen sehr aufwendig konstruiert, doch wiegt es mit 630 Gramm etwas weniger wie das f/5.6er.
Beide Objektive haben bereits eine vergütete Linsenoberfläche (NIC) und CRC (Close Range Correction). CRC ist für Schärfe über den ganzen Bildbereich verantwortlich, selbst bei nur 30cm Abstand. Dieses Objektiv ermöglichte mit seinen 110° Bildwinkel damals eine neue Sichtweise in der Architekturfotografie, war und ist es eines der wenigen Ultra-Weitwinkel, welche bei Innenraumaufnahmen keine gekrümmten Linien produziert und so praktisch verzeichnungsfrei abbildet.
Sein langsamerer Bruder, das 15mm f/5.6, soll noch besser korrigiert sein. Heutige Objektive wie ein Sigma 12-24 oder Nikon/Canon 14mm haben meist eine nicht tonnenförmige Verzeichnung, welche einfach korrigierbar ist, sondern die Verzeichnung gleicht eher eine Schlangenlinie. Bei Offenblende ist die Bildmitte sehr scharf, wird aber zum Bildrand hin schnell weich, hier hilft abblenden um 2 Stufen (f/8). An der 5D Mark 3 und Sony A7r ist die ideale Arbeitsblende f/11. Dabei ist das Bild scharf bis in die Ecken und noch keine Unschärfe durch Beugung zu erkennen.
Bei der Verwendung an der Sony Nex-6 ist dies weniger ein Problem, werden die extremen Ecken ausgeblendet. Das Nikkor 18mm f/3.5 macht im Vergleich zum 15mm mehr aber auch schönere Flares und Strahlen. Das 15mm hat eine sehr gute Vergütung, kann aber bei starken Lichtquellen im Bild blaue Flecken produzieren. Diese schwirren seit dem Testbericht von Ken Rockwell als so genannten "Bue Flare Blobs"durchs Internet, sind dank Live-View aber einigermassen zu kontrollieren. Nur schöner zum Gestalten sind eben Flares, welche die Strahlen sichtbar machen und ich so mit dem 15mm nicht produzieren kann:
Normalerweise wird ein solches Ultra-Weitwinkel für Innenaufnahmen, Landschaft oder für spezielle Effekte verwendet. Die angebaute Sonnenblende schutzt das Frontelement eher vor mechanischem Schaden wie vor seitlichem Licht. Die Absenz eines Autofokuses bei einer solchen Brennweite ist eh zu verschmerzen, da bei Abblenden auf 5.6 und fokusieren auf 1.6 Meter alles von 80cm bis unendlich scharf ist (hyperfokale Distanz). Viele Bemerkungen wegen Flares, also Blendenflecken durch seitliches Licht, doch wie hier unter "Kreativ durch Fehler" beschrieben, kann man diesen Effekt an Kameras mit Live-View auch sehr gut kontrollieren und nutzen.
Leider sind auch andere Fehler wie Koma, chromatische und sphärische Aberration vorhanden, welche sich für kreative Spielereien kaum eignen. Im normalen Fotoalltag jenseits der 1:1-Ansicht oder Offenblende fallen beim 15mm f/3.5 diese Fehler allerdings nicht auf, sind sie nicht sehr stark ausgeprägt. Ein Objektiv mit sphärische Aberration liefert ein weiches Bild mit scharfen aber kontrastarmen Details (achsferne Strahlen sind nicht im Fokus, Abblenden hilft). Der Effekt kann unterschiedlich vor und hinter der Schärfeebene auftreten. Die Korrektur der sphärischen Aberration in heutigen Objektiven kann mitverantwortlich sein für ein unruhiges Bokeh. Die chromatische Aberration (Farbfehler, Fokus verschiedener Farben nicht am selben Ort) ist ein Fehler welcher durch heutiges ED-Glas korrigiert wird. Das Koma stört im normalen Fotoalltag nicht, sofern man keine Sternen fotografiert. Auch dieses Objektiv hat eine ungerade Anzahl von Blendenlamellen und kann schöne Blendensterne mit 14 Strahlen produzieren.
Mein Exemplar könnte ohne Probleme via Adapter an die EOS 5D Mark 3 angesetzt werden. Die Indexierung für die Blendenöffnung ragt zwar über den Adapter hinaus, liegt aber an einer nicht exponierten Stelle im Spiegelkasten. Zuerst hatte ich ein 18mm f/3.5 AiS in Gebrauch. Dieses brachte an der Nex-5 und 6 tolle Resultate und man kann mit Blendensternen und den Flares spielen. An Vollformat hingegen macht das 18mm unterhalb Blende 8 nicht viel Freude, die Vignettierung hat ein zu spezielles Verhalten, die Ecken sind weich und die Verzeichnung ist in der Software nicht so einfach und automatisch zu korrigieren. Das 15mm f/3.5 hingegen macht Spass an Vollformat, wenn nur die Grösse nicht wäre.
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Technische Daten des verwendeten Objektives:
Nikkor 15mm f/3.5 Ai-S
Baujahr: 1982
Konstruktion: 14 elements in 11 Gruppen
Blendenlamellen: 7
Bildwinkel Vollformat / APSC: 110° / 85°
Blendenbereich: f/3.5 bis f/22
Distanzskala: 0.3m (1 ft.) bis unendlich
Gewicht: 630g
Maximale Vergrösserung: 1:12.5
Abmessungen: D 90mm, L über alles 94mm
Sonnenblende: eingebaut
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