Ich habe mir zur R die beiden RF-Zooms 24-105 und 28-70 gekauft. Nachdem das RF 24-105 zehn Tage in den Bergen mit dabei war, bin ich mich nun am herantasten an das 28-70. Mitte September werde ich den ersten Event haben, bei dem ich das Teil verwenden möchte und ich keine Überraschungen gebrauchen kann.
Das RF 28-70mm f/2L USM bietet die Vielseitigkeit eines Zooms mit der grossen Blende von Festbrennweiten und ersetzt ein 28mm, 35mm, 50mm und fast ein 85mm in der Fototasche. Doch wenn man ein 24-70 sein eigen nennt, lohnt sich der Verzicht auf 24-28mm und dem mitschleppen von mehr Gewicht und Volumen?
Das RF 28-70 verfügt über einen Ultraschallmotor für eine schnelle und leise Fokussierung. Eine Fluorbeschichtungen auf den vorderen und hinteren Linsenelementen sowie SWC- (Subwavelength Structure Coating) und ASC-(Air Sphere Coating) Beschichtungen dient zur Reduzierung von Geisterbildern und Streulicht. Wer mehr zu den Beschichtungen lesen will wird auf den Seiten von Canon fündig: https://global.canon/en/imaging/l-lens/technology/ .
Neun abgerundete Blendenlamellen sorgen für ein gleichmäßigeres Bokeh und ein "Lock"-schalter verhindert das Kriechens der Linse.
Ein Steuerungsring neben dem Zoom- und Fokussierring kann mit diversen Funktionen belegt werden, bei mir ist dort die Blendenwahl drauf. Das Ganze steckt in einer witterungsbeständige Konstruktion und fühlt sich trotz Plastikkonstruktion äusserst robust an, was eigentlich von einem L-Objektiv auch erwartet werden kann.
Soweit, so gut und top. Zwei Pferdefüsse trüben das Gesamtbild. Zum Einen ist dies der Preis von nahezu 3000 Franken und ein Gewicht von satten 1.4 Kilo. Und ein 95mm Filterring ist vielleicht auch nicht gerade eine übliche Grösse, wobei ideal für den Polfiltereinsatz ist, dass sich der Ring beim Fokussieren oder Zoomen nicht dreht.
Ich habe als erstes mal den Brocken in Basel spazieren getragen und mein 24-70 mit dem Adapter mit Steuerring dabei gehabt. Das ES 24-70/2.8 kenne ich nun zu genügen und es dient mir als Vergleich zum Neuen.
Anhand der Tests im Internet habe ich nicht gerade viel Schärfe bei Offenblende erwartet, ich bin allerdings positiv überrascht. Gegenüber dem 24-70/2.8 mk2 ist es kontrastreicher und neigt weniger zum Überstrahlen wenn eine starke Lichtquelle im Bild ist. Die Blendensterne sind etwas schöner.
Beim Arbeiten mit Offenblende konnte ich keine Farbfehler feststellen. Das Bokeh ist sehr angenehm und gefällig und die Schärfe ist besser wie erwartet. Wahrlich ein Objektiv das Spass macht sofern man den Preisschock überwunden hat.
Doch zuerst ein paar Bilder nur vom 28-70. Gegenlicht und Offenblende bei 70mm:
Bei Offenblende und ISO 100, 1/2000s:
RF 28-70/2.0L: Blendensterne bei iso6400, 1/40s, f/9 und 38mm
EF 24-70/2.8L mk2: Blendensterne bei iso 6400, 1/50s, f/8
Bei allen Bildern welche in der Kirche entstanden sind, finde ich die Blendensterne des RF-Objektives schöner wie beim 24-70mk2, allerdings gab es zum Beispiel beim alten 24-70mk I gar keine oder zumindest nichts, was gefällig war. RF 28-70 bei Offenblende, ISO 640, 1/80s direkt ins Licht. Die speziellere Vergütung der Gläser gegenüber dem EF 24-70 wirkt:
Dito mit dem EF 24-70/2.8mk2 bei ISO 1250. Auch hier wie schon bei obigen Beispiel mit den Blendensternen ist das Überstrahlen und der Kontrastverlust im extremen Gegenlicht der Glühbirnen gegenüber dem 28-70 gut zu sehen:
Das Bokeh bei Offenblende bei den beiden Linsen finde ich bis jetzt nicht so weit weg voneinander. Das erste Bild ist vom RF, das Zweite vom EF:
Die Schärfe des Zooms ist erstaunlich und auch die Farbsäume sind weit besser wie nach den ersten Test im Netz zu erwarten war, hier bei f/2.2:
Ausschnitt aus obigem Bild:
Bis jetzt soweit, so gut. Das RF 28-70 ist optisch erste Sahne und lässt keine Wünsche offen. Doch eigentlich ging es um die Verwendung des RF 28-70 in der Praxis bei Hochzeiten, Firmungen, Events und ob das Teil gegenüber dem Canon EF 24-70 F/2.8 L II USM einen spührbaren Mehrwert bietet.
Was ich vorneweg nehmen kann ist, dass ich das Arbeiten mit Canon 5D mk3 oder 6D mk2 mit dem 24-70/2.8 angenehmer finde wie mit der EOS R, wobei dies vor allem dem Autofokus und dem elektronischen Sucher geschuldet ist. Die Spiegel-Kameras fühlen sich wesentlich reaktiver und spontaner an. Die Canon EOS R ist noch weit entfernt von einem angenehmen Arbeiten im professionellem Umfeld im Zusammenhang mit Personen welche sich bewegen. Auch der Umgang mit manuellen Objektiven aus den Anfängen der Spiegelreflex ist umständlicher wie mit der Sony A7R Mark3. Doch nun zurück zu den Objektiven.
Weil es so niedlich ist, hier noch das >Takumar 58mm< neben den beiden Zooms, einfach weil es mein bevorzugtes manuelles Portraitobjektiv ist und mit maximaler Blende 2.0 dem des neuen Canon Objektives entspricht.
Niedlich, nicht?
Hier mal ein Vergleich der drei Objektive bei Offenblende. Beim Klicken auf das Bild sollte eine grössere Variante in einem neuen Tab aufgehen:
Was ich erstaunlich finde, wie gut sich das Takumar mit Baujahr 1957 und 160g gegenüber den aktuellen Schwergewichten schlägt. Klar hat das Alte Farbfehler und weniger Auflösung bei Offenblende wie die Modernen, aber es hat auch viel Charakter und ein schönes Bokeh. Bei diesem wie auch anderen hier nicht gezeigten Bildbeispielen finde ich den Unterschied der beiden Canon-Zooms nicht sehr auffallend, wenn man ihn überhaupt findet.
Hier zwei Beispiele bei derselben Blende von f/2.8. Auch hier öffnet sich eine grössere Variante des Bildes durch Draufklicken:
Auch hier ist der Unterschied eigentlich nicht sichtbar. Was einen Unterschied macht ist die maximale Blende in der Kirche an der Schwelle zu ISO 3200 und 6400, hier macht die EOS R doch einen sichtbaren Schritt in Richtung Rauschen.
Wenn auf den meisten Bildern nicht wirklich ein Unterschied der beiden Objektive ins Auge springt wird er wie bei den Beispielen mit den Blendensternen sichtbar, also bei dunkler Umgebung und starken Lichtquellen. Bei den folgenden Beispielen ist auch ein Unterschied im Bokeh sichtbar, man achte auf die Türe bei der Kanzel im Hintergrund und wie schon oben erwähnt ist die Überstrahlung beim EF-Objektiv stärker. Auch hier gibts ein grosses Bild beim Draufklicken:
Und hier noch als Vergleich wie das Bild bei Blende 7.1 und dem RF-Objektiv aussieht:
Und hier noch vier Bilder, welche auf dem Rundgang mit Daniel und Nathalie mit dem RF 28-70 entstanden sind:
Fazit
Wer bereits ein Canon EF 24-70 2.8 L II USM hat und zufrieden ist (warum auch nicht?) der "muss" nicht auf das RF 28-70 f/2 L USM umsteigen, die Wahrscheinlichkeit ist gross das ihm kein Unterschied auffällt.
Das RF-Objektiv bietet eine Blende mehr Reserve in dunklen Räumen und ist unempfindlicher gegen überstrahlen. Sollte das Geld kein Thema sein und das Gewicht nicht stören, der erhält mit dem 28-70 ein geniales Objektiv, welches Spass macht und in Sachen Geschwindigkeit dem EF 24-70 in nichts nachsteht. Die Bedienung an der R ist durch den Steuerring vorne gegenüber dem EF, welches den Steuering am Adapter hat, ein ganzes Stück einfacher.
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