Zwischen dem Nikkor-S 3.5cm f/2.8 und dem Nikkor-N 35mm f/1.4 liegen zwar nur 12 Jahre, doch ausser der Brennweite und dem Bajonett scheinen sie nicht viel gemeinsam zu haben.
Der nachfolgende Text soll die beiden Veteranen an der Canon 5D und Sony Nex-6 zeigen. Es ist kein Testbericht oder Review, sondern es soll den Fingerabdruck der Objektive zeigen, den sie an dem Licht hinterlassen, welches durch sie hindurch geht.
Nikkor-S 3.5cm f/2.8 | Nikkor-N Auto 35mm f/1.4
NIKKOR-S 3.5CM F/2.8
Zwei Monate nachdem Nikon 1959 das F-System vorgestellt hatte, brachten sie das Nikkor-S 3.5cm f/2.8 heraus. Das Objektiv war in 7 Elemente in 5 Gruppen konstruiert und baute auf dem Tessar von Carl Zeiss auf.
Blendenlamellen (bis 1973) Nikkor-S 3.5cm f/2.8
Es war eines der ersten Retrofokus-Objektive und das Design noch nicht so effizient wie das der Nachfolger. Es brauchte bei der Fertigung eine hohe Genauigkeit und viel manuelle Arbeit. Dies führte zu einer zweimonatigen Verzögerung in der Einführung und der Output geschah nicht in den Mengen, welche Nikon geplant hatte. Deshalb wurde das Design des Objektives 1962 vereinfacht und mit 7 Elementen in 6 Gruppen.
Anfänglich wurden die Objektive mit 9 Blenden produziert, manuell kalibriert und die Blenden wie auch Entfernungen mittels Gravuren auf dem Tubus markiert (Tick-Marks). Da diese Tick-Mark-Objektive gesammelt werden, haben sie heute einen extrem hohen Wert. Während einer kurzen Zeit wurden die Objektive ohne Tick-Marks aber mit den 9 Blendenlamellen produziert, bevor diese durch eine günstigere und maschinell besser produzierbare Variante mit 6 Lamellen ersetzt wurden.
Theoretisch sollten die ersten Objektive deshalb Blendensterne mit 18 mit schönem Bokeh (runde Kreise in der Unschärfe auch bei Abblenden), die Neueren nur solche mit 6 Strahlen mit weniger schönem Bokeh (6-eckige Kreise in der Unschärfe beim Abblenden) zeichnen. Das 35mm f/2.8 Objektiv wurde mechanisch und kosmetisch öfter angepasst, das optische Design wurde allerdings nur vier Mal geändert.
NIKKOR-N 35MM F/1.4
Im März 1971 führte Nikon das 35mm f/1.4 ein, welches über 30 Jahre lang das schnellste Weitwinkel in ihrem Sortiment bleiben sollte und erst Ende 2010 durch eine Autofokusvariante ersetzt wurde. Sein optisches Design von 9 Elementen in 7 Gruppen wurde während dem ganzen Produktezyklus des Objektives nie geändert.
Entgegen dem 3.5cm f/2.8 war dieses Objektiv auf Journalisten ausgerichtet. Die Anfangsblende von 1.4 ergab ein sehr helles Sucherbild und ermöglichte das fokussieren auch in schlecht beleuchteter Umgebung. Obwohl das C im Namen fehlte, war es von Anfang an mit einer Mehrfachvergütung ausgestattet. Bis 1973 hatte es neun und nach der Einführung der Nikkor-N.C.-Variante deren 7 Lamellen. Erst mit Einführung der Ai-S-Version wurden wieder 9 Lamellen verbaut. Das Objektiv war mit dem CRC-Technik (Floating Elements) ausgerüstet, welche die guten Abbildungsleistungen des Objektives auch im Nahbereich garantiert.
BEDIENUNG
Beide Objektive sind wie für die Berg&Tal-Varianten der Nikkore gewohnt robust und massiv und fühlen sich wertig an. Der Fokusring läuft weich und die Blende rastet hör- und fühlbar ein und ist mit dem Auge am Sucher gut blind zu bedienen.
Um von nah auf fern zu fokussieren braucht es bei beiden eine halbe Umdrehung des Entfernungringes. An der Sony Nex lässt es sich sehr gut bei Offenblende mittels Fokus-Peaking scharfstellen, wobei das 3.5cm f/2.8 hier die Nase vorn hat.
Das 3.5cm wollte sich anfänglich nicht auf die Adapter montieren lassen, der Rand des Blendenringes steht zu weit hinaus. Am Drehbank wurde der Rand des Objektives wie auch die seitliche Flanke des Nex-Adapters etwas abgedreht. Am Lens-Turbo ist das Objektiv schön klein und leicht.
SCHÄRFE, OFFENBLENDE UND BOKEH
Das Nikkor-N 35mm/1.4 ist eine ausgezeichnete Linse für Low-Light und allgemeine Fotografie, obwohl die Resultate bei Offenblende alles andere wie Aussergewöhnlich sind. Das Bild ist leicht neblig und es neigt zu internen Flares, die Schärfe und Farben sind aber trotz allem da. Die Farben im Hintergrund verschwimmen pastellartig und lassen den Vordegrund dreidimensional aus dem Bild ragen. Abblenden auf f/2 oder gar 2.8 ist meist notwendig, um genügend Schärfe über das Bildfeld zu erhalten und den leichten Nebel zum Verschwinden zu bringen. Spitze ist das Objektiv in dem Bereich zwischen Blende 4 und 8, danach nimmt die Abbildungsleistung wieder ab. Die chromatische Aberration scheint sehr gut auskorrigiert zu sein.
Sony Nex-6 | Nikkor-N 35mm f/1.4@f/2
Am Lens-Turbo macht dieses Objektiv keine Freude, es neigt daran zu starken Geisterbildern, egal ob bei Offenblende oder abgeblendet. Die Schärfe der Ränder wie auch die chromatische Aberration werden am Lens-Turbo erst ab Blende 4 gut. Entgegen dem 3.5cm am Lens-Turbo werden die Fehler beim 35mm noch verstärkt oder es kommen Neue hinzu und machen diese Kombination praktisch unbrauchbar.
Sony Nex -6 | Nikkor-N 35mm f/1.4 @ 4
An der 5D Mark 2.5 ist das Objektiv nach entfernen des Blendenindexes ansetzbar und zeigt ein ganz anderes Bild. In derselben Umgebung der Messe gibt es keine Geisterbilder und die chromatische Aberration wird ab Blende 2 nicht mehr wahrgenommen. Es lässt sich bei Offenblende gut scharfstellen, es liegt dann aber ein leichter Schleier über dem Bild, welcher ab Blende 2 verschwindet. Ab Blende 4 hat das Objektiv an der Canon 5D ein sehr kontrastreiches Bild und mit sehr hoher Auflösung.
Ich bin auf die Verwendung an der Sony A7r gespannt, einer Vollformat-Spiegellosen, welche Ende November erscheinen soll. Ein Vergleich zwischen Nex-6 mit Lens-Turbo und 3.5cm und Sony A7r mit 35mm f/1.4 wird sicherlich geschehen.
Sony Nex -6 | Nikkor-S 3.5cm f/2.8 @ 2.8 an Lens-Turbo
Das Nikkor-S 3.5cm f/2.8 überrascht. Es ist bereits bei Offenblende scharf und kontrastreich und bleibt dies auch am Lens-Turbo. Abblenden hebt die Auflösung nochmals an. Es zeigt die Herkunft vom Tessar, ist das Bokeh nicht sehr ruhig aber bei Abblenden auf f/4 zeigt sich eine sehr hohe Auflösung, welche selbst das 35mm f/1.4 nicht erreicht. Nach Testberichten im Netz und Meinungen in den Foren habe ich dem kleinen Objektiv nicht viel zugetraut und bin mehr wie positiv überrascht.
Am Lens-Turbo ist dieses Objektiv gerade das Gegenteil wie das 35mm f/1.4 und macht bereits ab Offenblende Freude. Bei sehr starker Vergrösserung ist ein Auflösungsverlust gegenüber dem Gebrauch ohne Lens-Turbo erkennbar, aber selbst auf einem 27 Zoll Monitor oder A3-Ausdruck fällt dies nicht mehr auf.
Auch überraschend ist die Tatsache, dass die Verzeichnung nicht auffällt. Muss zum Beispiel beim Nikkor-S 50mm am Lens-Turbo die kissenförmige Verzeichnung korrigiert werden, so zeigt das 3.5cm keine verstärkende Tendenz und die Bilder können unkorrigiert verwendet werden. Wenn man von der Kombi 35mm f/1.4 mit Lens-Turbo die Finger lassen sollte, so ist es mit dem 3.5cm f/2.8 gerade umgekehrt und die Kombi zusammen mit dem Lens-Turbo ziehe ich dem normalen Nex-Adapter vor.
BLENDENSTERNE
Das Nikkor-N 35mm f/1.4 mit seinen 9 Blenden-Lamellen ist für seine Blendensterne bekannt und zeichnet 18 Strahlen bei Lichtquellen. Das untere Bild wurde bei Blende 8 aufgenommen.
Sony Nex -6 | Nikkor-N 35mm f/1.4 @ 8
Das Nikkor-S 3.5cm f/2.8 mit seinen 9 Blenden-Lamellen zeichnet auch 18 Strahlen bei den Lichtquellen. Allerdings sind die Sterne beim Nikkor-N 35mm etwas schöner, da ihre Spitzen zulaufen.
Sony Nex-6 @ ISO 3200 | Nikkor-S 3.5cm f/2.8 @ f/8
FLARES & GHOSTS
Am vergüteten Nikkor-N 35mm ist es schwierig bis gar unmöglich, „schöne“ Flares zu generieren. An der 5D sind es meist nur zwei helle Flecken in der Nähe der Lichtquelle. Am 3.5cm kann man Flares in Blendenform als schönen Strahl quer über das ganze Bild laufen lassen. Wie am folgenden Bild zu sehen ist, bleibt der Kontrast trotz vollem Gegenlicht erhalten und die Schrift ist z.B. noch lesbar.
Sony Nex-6 | Nikkor-S 3.5cm f/2.8 @ f/8
FAZIT
Die Bedienung beider Objektive macht Spass. Auch wenn im Netz das 35mm f/1.4 in den höchsten Tönen gelobt und das 3.5cm f/2.8 eher als schlecht taxiert wird, ziehe ich letzteres an der Sony Nex-6 und Canon EOS 5D vor. Ob ich allerdings auch dieser Meinung wäre, wenn ich ein Exemplar aus der Fertigung mit 6 Blendenlamellen hätte?
Sony Nex -6 | Nikkor-N 35mm f/1.4 @ 5.6
Die Farben sind bei beiden Objektiven brilliant, lebhaft und kontrastreich. Das 35mm ist ab Blende 2.0 gut und ab 2.8 auf dem Niveau des 3.5cm, dies allerdings bei höherem Gewicht und grösserer Abmessung. Beide Objektive haben lebendige Bilder, wobei das 35mm f/1.4 den Hintergrund schöner zeichnet (gutes Bokeh) und die dreidimensionaleren Bilder liefert. Das 3.5cm ist ohne wenn und aber Lens-Turbo-tauglich, dass 35mm ist daran nicht zu gebrauchen.
Sony Nex -6 | Nikkor-N 35mm f/1.4 @ 8
TECHNISCHE DATEN DER VERWENDETEN OBJEKTIVE:
Nikkor-N 35mm f/1.4
Baujahr ca. 1970
Konstruktion: 9 Elemente in 7 Gruppen
Blendenlamellen: 9
ab 1973 7 Lamellen
ab 1981 (Ai-S) 9
CRC (Close-Range correction)
Bildwinkel Vollformat / APSC: 63° / 42°
Blendenbereich: f/1.4 bis f/22
Distanzskala: 0.3m (1 ft.) bis unendlich
Gewicht: 415g
Abmessungen: D 66mm, L 63mm, Filter 52mm
Nikkor-S 3.5cm f/2.8
Baujahr ca. 1960
Konstruktion: 7 Elemente in 5 Gruppen
Blendenlamellen: 9 / ab etwa 1962:6 Lamellen
Bildwinkel Vollformat / APSC: 63° / 42°
Blendenbereich: f/2.8 bis f/16
Distanzskala: 0.3m (1 ft.) bis unendlich
Gewicht: 200g
Abmessungen: D 62mm, L 58mm, Filter 52mm
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