Der nachfolgende Text soll kein Testbericht oder Review des Nikkor-N.C. 28mm f/2 sein, sondern die Erfahrungen des Objektives an der Sony Nex sowie an der Canon EOS 5D Mark III zeigen. Dabei sind nicht die technischen Daten und die Perfektion des Objektives im Vordergrund, sondern die „Fehler“, welches ein Objektiv gegenüber heutigen bereits in der Kamera korrigierten Linsen individualisiert und ihm Charakter gibt. Die wiedergegebene Meinung ist subjektiv und bezieht sich in der Regel auf ein Exemplar der zu Tausenden gefertigten Nikkore. Infos zu Adaptern und dem F-Bajonett sind → hier zusammengefasst.
Das Nikkor-NC 24/2.8 überraschte mich bisher positiv und so bin ich mit hohen Erwartungen an seinen nahen Verwandten, dem Nikkor-NC 28mm f/2 heran gegangen. Ende Oktober letzten Jahres kam ich an ein fast neuwertiges 28er, dem man seine 38 Jahre beim besten Willen nicht ansieht. Das 24er wie auch das 28er sind Berg&Tal-Objektive, so genannt wegen ihren ausgeprägten Mulden an den Ringen für Blenden- und Fokuseinstellung.
BEDIENUNG
Die ersten Eindrücke lassen mit dem Nikkor-NC 28/2 kein Hochgefühl aufkommen. An der Sony-Nex 6 ist das fokussieren trotz Fokus-Peeking bei Offenblende eine Glücksache und erfordert häufig den Griff zur Zoom-Lupe. Aber zum Glück kann ein erster Eindruck auch täuschen.
Der Blendenring rastet sauber und mit einem hörbaren Klick. Das Scharfstellen geschieht mit einer Dritteldrehung von 0.3 Metern bis unendlich. Bei modernen Objektiven fehlt die Anzeige des Schärfentiefebereiches, bei den alten Objektiven ist dieser farbig auf dem Tubus angegeben und gerade bei Weitwinkeln eine willkommene Hilfe. Das Objektiv liegt gut in der Hand und es wackelt nichts.
OFFENBLENDE
Bei Offenblende ist ein leichter Nebelschleier über dem Bild und es zeigen sich Farbsäume, wobei das Bild nicht unscharf ist. Ab Blende 2.8 ist das Bild einwandfrei.
Das moderne Ai-S hat eine extreme Betonung in der Mitte mit starkem Randabfall, das Nikkor-NC 28mm f/2 ist weniger knackig in der Mitte, hat dafür einen weniger auffälligen Abfall zum Rand.
Wird das Nikkor-NC 28mm f/2 auf Blende 2.8 oder besser 4.0 bis 5.6 abgeblendet, liefert es ein beeindruckendes Bild über den ganzen Sensor. Ist es bei modernen Objektiven wie dem Canon EF 50/1.2 oder 85/1.2 üblich, mit möglichst offener Blende zu fotografieren, so lohnt sich die alte Regel hier, möglichst 2 Blenden abzublenden.
Und wenn man die Ofenblende dort braucht wofür sie gedacht ist, nämlich bei wenig Licht,dann sind die Bilder top. Beeindruckend ist auch, was aus RAW-Bildern der Nex-6 bei ISO 6400 herauskommt. Eine grössere Variante ist in der Galerie am Ende das Artikels zu sehen:
BOKEH
Ok, das Bokeh ist für ein Berg & Tal relativ harsch (kontrastreich, scharfe unschärfe Kreise) aber nicht unangenehm und vermutlich zusammen mit dem Nebelschleier mitunter ein Grund, dass das Fokuspeeking zuviel in der Schärfeebene anzeigt. CAs und Purple Fringing (Farbsäume wegen übersteuern des Sensors) sind nur gerade bei Fotos gegen das Licht und Offenblende ein Thema, abgeblendet auf 2.8 sind sie praktisch verschwunden oder stören zumindest nicht mehr.
Das Nikkor-NC 28mm hat auch schon die CRC-Technik, also die Nahbereichskorrektur, welche für eine gute Bildqualität bei Nahaufnahmen erlaubt. Auch das Bokeh bleibt sehr angenehm und erinnert etwas an ein Pentax Takumar.
BLENDENSTERNE
Wird die Blende geschlossen, dann fängt das Objektiv an zu glänzen. Durch seine 7 Blendenlamellen entstehen 14-strahlige Sterne. Durch Wahl der Grösse der Blende kann die Länge und Intensität der Strahlen variiert werden, hier sind sie durch Abblenden auf f/16 stark vergrössert.
Hier als Vergleich das Bild mit Offenblende, wie es Freihand aussehen würde.
Und das „gleiche“ Bild mit dem Nikkor-NC 24mm 2.8, welches 6 Blendenlamellen hat.
Und weil etwas Kitsch gut zur Weihnachtsbeleuchtung passt, hier noch ein Bild mit dem Nikkor-NC 28:
FLARES & GHOSTS
Das C in Namen des Nikkor-NC 28mm f/2 zeigt an, das die NICVergütung verwendet wurde. Es ist schwierig, Blendenflecken/Flares zu erzeugen, hier ein Versuch vor dunklem Hintergrund. Mehr wäre zumindest für gestalterische Möglichkeiten nicht unerwünscht.
fAuch Ghosts erscheinen erst bei extrem starken Lichtquellen und starkem Abblenden nachts (rechtes Bild, Kopie der Lampe unten rechts), bei Blende 2.8 treten sie erstaunlicherweise noch nicht auf
FAZIT
Wie gut das Objektiv ist, zeigt sich darin, dass während der ganzen Lebensdauer des 28/2 von 1970 bis zum Ende des 28/2 Ai-S im Jahre 2005 sich das optisches System ausser der Vergütung nicht geändert hat.
Das Nikkor-N.C. 28mm f/2 ist ein Objektiv, welches erst auf den zweiten Blick zu gefallen weiss. Wer es unkompliziert mag, soll zum Nikkor 28mm f/2 Ai-S greiffen, wer aber ein Objektiv möchte, welches die Eigenschaften durch öffnen und schliessen der Blende stark verändern kann, liegt sicher nicht falsch. Etwa die Hälfte der Aufnahmen bisher habe ich zwar mittels Fokus-Peaking oder Entfernungsskala auf dem Tubus vorfokussiert, dann aber mittels Lupe scharfgestellt.
Und wenn jemand Architekturaufnahmen oder Beleuchtung ab Stativ aufnehmen will und eine Vollformatkamera hat, wird mit schon fast kitschigen Blendensternen belohnt.
TECHNISCHE DATEN DES VERWENDETEN OBJEKTIVES:
Nikkor-N.C. 28mm f/2.0
Baujahr ca 1974
Konstruktion: 9 Elemente in 8 Gruppen
Blendenlamellen: 7 Bildwinkel
Vollformat / APSC: 75° / 55°
Blendenbereich: f/2.0 bis f/22
Distanzskala: 0.3m (1 ft.) bis unendlich
Gewicht: 350g
Maximale Vergrösserung: 1:7.1
Abmessungen: D 65mm, L 58mm, Filter 52mm
Sonnenblende HN-1
Comments