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Interview mit Dominik Flaschka

Text: Daniel Fischer


Dominik Flaschka ist aus der Schweizer Musical- und Showszene nicht wegzudenken und doch ein grosser Unbekannter, findet man doch kaum Informationen oder Interviews über ihn. Daniel Fischer führte ein Interview mit ihm.


Man weiss, dass Dominik Flaschka eine grosse Rolle spielt in der Musicalszene. Wer ist dieser Dominik Flaschka eigentlich?

Diese Frage stelle ich mir jede Woche. Was mache ich eigentlich genau? Ich interessiere mich für sehr viele Tätigkeiten rund ums Theater. Aber vor allem für das produzieren und inszenieren von Musicals und Musiktheaterstücken, auch wenn ich nicht der klassische Musicalregisseur bin. Ich inszeniere selten bestehende Musicalkisten, sondern bekomme eher Anfragen, wenn ein komplett neues Projekt entstehen soll. Aber in der Regel habe ich selber eine Idee und setze diese um.


Anders gefragt, was ist deine Funktion im Hechtplatz Theater? Eher Regisseur, Autor, Produzent?

Ich betrachte mich schon als Regisseur. Wenn wir Stücke entwickeln, dann schreibe ich diese zwar selber oder mit jemandem zusammen oder ich gebe es in Auftrag, aber ich würde mich nie als Autor bezeichnen. Oft produziere ich die Sachen dann auch selbst. Und somit mache ich in erster Linie Produktionen auf die ich Lust habe.


Du folgst also dem "Lustprinzip"?

Ja, anders geht's für mich nicht.


Aber du machst schon die Hülle, also Musik, Geschichte, Stage?

Die Geschichten und Storys entwickle ich eigentlich immer mit anderen zusammen. Und die Musik besteht schon oder wird von einem Komponisten neu geschrieben.


Was für einen Bezug hast du denn zur Musik?

Früher war ich eher Konsument, habe nie selber gross Musik gemacht. Ich habe ein bisschen Gitarre, ein bisschen Klavier gespielt, aber beides sehr schlecht. Aber ich habe auch mal getanzt, und eine Ballettausbildung gemacht. Musik war immer schon relativ zentral und ich habe damit nach einer direkten Ausdrucksweise gesucht.


Du hast bei "Ewigi Liebi" mitgemacht, welches ein "ewiger "Erfolg ist. Du hast jetzt die Sachen am Hechtplatz gemacht und du hast eine Gruppe von Schauspielern, die du immer bringst.

Für mich fängt die Lust dort an, wo man eine Idee entwickelt und dann die ganze Umsetzung folgt, in welchem Theater, mit welchen Leuten, mit welchen Mitteln, wo finde ich das Geld, wo die Schauspieler, Castings machen etc. Den ganzen Produktionsvorgang finde ich genauso spannend, wie nachher das Spielen.


Schauspieler bist du nicht?

Doch ich habe eine Schauspielschule gemacht, die Schauspielakademie in Zürich. Ich habe sie damals besucht, als man sie noch ohne Matura machen konnte, diese habe ich nämlich nicht, da ich sie abgebrochen habe. Dann habe ich ein paar Jahre gespielt, ein bisschen im Musicalbereich geschnuppert, in "Grease" gespielt in Basel und irgendwann dann zur Regie gewechselt.


Mir fällt auf, wenn ich an Roman Riklin und dich denke, dass ihr keine "Mainstreamfiguren" und ihr darum schwer fassbar und nicht "schulbladisierbar" seid. Es scheint etwas ganz wichtiges zu sein, dass man eben nicht ganz so fassbar ist, dass man ein Konstrukt ist von verschiedenen Gelüsten.

Dies ergibt sich vielleicht auch aus einer gewissen Not heraus, da man sehr viel machen muss, um in der Schweiz mit dem Job zu überleben. Wenn ich jetzt in der Schweiz nur Regie machen würde, könnte ich nicht davon leben.


Man kann wahrscheinlich schon behaupten, dass mit deinem Namen - ich hoffe noch lange - Erfolg verbunden ist.

Wobei ich kaum mehr externe Regieanfragen mehr bekomme. Seit "Ewigi Liebi" ist das abgeflacht, weil wahrscheinlich alle denken, den kann man nicht mehr bezahlen. Roman Riklin geht es ähnlich. Ich kann mich aber überhaupt nicht beklagen, ich habe genug zu tun. Früher war ich aber wohl mehr in diesem Kuchen verankert, da war das noch ein Prozess und ich konnte eher damit rechnen, dass ich Anfragen bekomme.


Ganz ehrlich, ich bin keineswegs "neidisch" auf dich, ich finde es toll wie du das machst. Ich bin einer, der relativ schnell kritisiert, ich finde die Regien die du machst super, inspirativ, so muss es eben sein. Ich bin aber irgendwie extrem frustriert, dass "Happy End" nicht so gut gelaufen ist.

Schlussendlich war es ganz ok. Wir haben aber immer das Problem, dass der Anfang gut läuft, dann fällt das Ganze in der Regel zusammen und der Schluss ist wieder gut. Es ist schwierig die Zuschauerzahlen auch dazwischen aufrechtzuerhalten, da die Presse mit ihrer Werbung dann fehlt. Da man schon am Anfang sehr viel investieren muss, hat man auch kein Geld, um noch einmal zu werben.


Und wie lief es beim Vorgänger, der BYE BYE BAR?

Die ist von Anfang insgesamt besser gelaufen, es war ein wirklicher Hit. Das kann man nicht beeinflussen, es passiert einfach. Dort mussten wir mit der Zeit kaum mehr Werbung mehr machen. Es lief einfach. Es war natürlich ein viel einfacheres Stück, viel leichter zu konsumieren und zu lesen.

Und was planst du für die Zukunft? Was kommt als nächstes im Hechtplatz?

Das weiss ich noch nicht. In der Regel spielen wir die Liederabende mindestens zwei Saisons.


Also "Long Running"?

Wir spielen das ja nicht das ganze Jahr hindurch. Wir können diese Musicalproduktionen nur im Frühling machen, wenn das Märchen abgespielt ist. Erst dann hat es genügend Platz, um ein Musical auf der kleinen Bühne einzurichten. Aber HAPPY END hatte leider insgesamt eine zu schlechte Auslastung, als dass ich mich getrauen würde, es noch mal auf den Spielplan zu setzen. Im Moment suche ich noch für nächstes Jahr nach einem neuen Stück. Ein paar Ideen habe ich schon, die ich aber noch reifen lassen muss.


Du nimmst nicht ein Erfolgsstück und inszeniert es nachher neu. Das Gesamte ist neu.

Das muss nicht immer sein. Ich inszeniere natürlich gerne so etwas wie "Avenue Q", weil so etwas total auf meiner Wellenlänge liegt. Bei "Avenue Q" war es ein ziemlich lustiger Prozess. Ich war in New York und ich habe das Stück gesehen. Es hat mir sehr gut gefallen, dachte aber, dass es schwierig sein würde, das Stück in die Schweiz zu "transportieren". Dann rief mich der Verlag aus Zürich an und sagt mir: "Herr Flaschka, das Stück ist noch zu haben als deutsprachige Erstaufführung". Ich sagte: "Ich sehe Avenue Q nicht in Deutschland oder in der Schweiz". Damals dachte ich eher, dass es nicht ins Hechtplatz passt. Das Stück liess mich aber nicht los und ich suchte nach möglichen Produzenten, die den Mut aufbringen würden, dieses aussergewöhnliche Stück zu produzieren.


Dominik, wie stehst du zum Schweizer Musicalmarkt?

Ich finde es natürlich super, dass soviel produziert wird. Aber seit "Heidi" und "Ewigi Liebi" hat man das Gefühl, es müsse alles auf Schweizerdeutsch sein und alles Swissness. Da gibt es andere Themen, die auf der Strecke bleiben. Das Problem ist bei Riklin und mir auch, dass, egal welche neuen Ideen und Storylines wird bringen, alle sagen, es sei ja gut, aber nicht "Ewigi Liebi". Sie erwarten einen Erfolg.


Aber Musicalmachen birgt doch immer ein Risiko?

Nicht beim Schreiben, da sind die Kosten gleich. Aber die Produktion ist natürlich immer ein Risiko. Ich fände es extrem langweilig, wenn das nicht so wäre und es ein Rezept für den Erfolg gäbe. Aber es ist schon so, dass grossartige Stücke, wie zum Beispiel von Sondheim, hier wahrscheinlich nur mit mässigem Publikumserfolg gespielt würde.


Wahrscheinlich ist das Publikum in der Schweiz ein bisschen konservativer als beispielsweise in Deutschland.

Vielleicht liegt es an der Art der Musicals, die gemacht werden. Das Musical ist hier immer noch ein sehr junges Genre. Im Gegensatz zu Amerika funktionieren hier halt vor allem Produktionen die entweder mit bekannten Songs daher kommen oder eine berühmte Geschichte als Grundlage haben.


Bei "Ewigi Liebi" war meiner Meinung nach die Musik einfach sehr gut. Roman und du, ihr seid ein Dreamteam.

Auch das ist kein Erfolgsrezept und es bleibt sehr schwer etwas zum Laufen zu bringen.


Kannst du noch überhaupt nichts sagen, was du in Zukunft machen wirst?

Doch klar, als nächstes mache ich nun die Wiederaufnahmen von Swisspäck in Zürich und Co-produziere deren Schweizer Tournee. Dann folgt Ewigi Liebi in Bern. Anschliessend freue ich mich extrem auf die Deutschsprachige Erstaufführung am Stadttheater St.Gallen von Avenue Q, wovon Roman und ich auch die Übersetzung gemacht haben.


Du wirst aber weiterhin am Hechtplatz bleiben, oder nicht?

Ja, ich habe noch viele Ideen, die ich am Hechtplatz verwirklichen möchte.


Nimmst du aber im Hechtplatz auch riskante Gastspiele oder machst du nur Mainstream?

Ich programmiere das, wovon ich das Gefühl habe, dass es erfolgreich werden könnte und ein Publikum findet. Das ist aber bei weitem nicht zwingend Mainstream. Ich habe aber keine Lust Theater zu machen, das niemand sehen will. Und wenn ich immer Angst vor dem Scheitern hätte, dann würde ich nie etwas Neues auf den Spielplan setzen. Nur wenn man es probiert, weiss man nachher mehr.


Gibt dir die Tätigkeit beim Theater am Hechtplatz eine gewisse Sicherheit?

Ja sicher, vor allem weil ich künstlerisch absolute Freiheit habe. Das geniesse ich sehr. Ich kann mittlerweile am Hechtplatz jegliche Ideen umsetzen, die an mich herangetragen werden oder eben auch eigene Ideen realisieren. Das war nicht immer so. Als ich mich damals beworben habe, war es mir nicht bewusst, dass es ein reines Gastspieltheater war und ich gar keine Möglichkeiten haben würde, selber zu produzieren. Später haben wir die Möglichkeit bekommen, zwei bis drei Produktionen im Jahr zu machen. Das ist für mich natürlich viel spannender als der reine Gastspielbetrieb. Im Moment ist es aber es fast ein bisschen zu viel geworden, denn personell sind wir immer noch das kleine Team, wie zu meinen Anfängen. Mittlerweile muss ich, um die Saison zu füllen, fast zu viele Gastspiele programmieren, die dann eben auch alle promoten werden müssen. Das ist kaum mehr zu bewältigen.


Was ist denn musicalmässig genau die Funktion vom Hechtplatz Theater?

Zu meinem Aufgabenbereich gehören in erster Linie die schweizerdeutschen Kabaretts, Komödien, Musicals etc. Aber Musicals haben schon seit jeher Tradition im Hechtplatz. Es wurde 1958 mit dem musikalischen Bilderbogen "Eusi chli Stadt" eröffnet und die ersten grossen Erfolge waren frühe Musicals wie "Bibi Balu" und "Golden Girl". Später folgten viele weitere Musikalische Produktionen bis sie in den 80er und 90er Jahren etwas vergessen wurden. Ich habe diese Tradition mit grosser Freude wieder belebt und versucht, diese Kammermusicals wieder zu etablieren. Das Hechtplatz ist auch von der Grösse her optimal. Wenn etwas gut läuft, hätten wir zwar gerne etwas mehr Platz, aber wenns eben mal nicht so gut läuft, sind wir froh, dass wir nicht zu gross sind und sich die Zuschauer dennoch nicht verloren fühlen.


Dominik, vielen Dank für das Interview und dass du dir für uns Zeit genommen hast. Ich finde das total gut, was du machst und wünsche dir für deine Zukunft viel Erfolg.

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