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Geschlossene Gesellschaft im Stadttheater Biel-Solothurn

21-1-2010

Der französische Romancier, Dramatiker und Philosoph Jean-Paul Sartre gilt als der repräsentativste französische Intellektuelle des 20. Jahrhunderts. Sein Drama "geschlossene Gesellschaft" ist vermutlich sein bekanntestes Stück. Es hat jedoch den Ruf, eine philosophische Kopfgeburt zu sein.




Das Stadttheater Biel hat sich dem Stück angenommen und es hatte am 21. Januar 2010 Premiere.

In "Geschlossene Gesellschaft" finden sich drei Personen nach ihrem Tod in einem geschmacklosen verschlossenen Zimmer wieder. Die Bühnenbildnerin Marion Hauer steckt die Darsteller in ein scheussliches Zimmer mit Fototapete und Saunaambiente, welches für sich alleine schon Strafe genug ist, wenn man darin leben müsste.

Als ersten Gast führt der Kellner (Günter Baumann) den Journalist Garcin (René-Philippe Meyer) herein. Dieser beschwert sich über den mangelnden Komfort wie fehlende Möblierung und Zahnbürsten, bis er realisiert, dass er in der Hölle ist.




Die Nächste, welche hereingeführt wird, ist die lesbische und hochintellektuelle Postangestellte Inés (Katja Tippelt). Sie zieht sich als erstes bis auf die Unterwäsche aus, um sich mit Garcin, den sie für den Folterknecht hält, gut zu stellen.



Die Dritte ist die elegant gekleidete und sinnlich verführerische Estelle (Margit Maria Bauer), deren wichtigste Sorge ihr Äusseres ist und sich fürchtet, jemanden mit einem Loch im Kopf hier zu treffen.




Sie fangen an, sich zu fragen, was ihre Strafe ist, wer ihre Peiniger sind, wieso sie zusammen in diesem Raum eingesperrt sind, ist es Absicht oder Zufall, dass gerade sie drei hier sind? Doch ein Entkommen gibt es nicht, ist doch die Türe abgesperrt. Alle machen sich auf das Schlimmste gefasst, doch die erwarteten Folter und Qualen stellen sich bis auf eine leichte Hitze im Raum nicht ein. Doch Folterknechte braucht es nicht, das sind sie selber. In ihrem Leben haben alle die Existenz anderer zerstört. Garcin hat seine Frau misshandelt und hält sich für einen Feigling, Inés hat ihre Geliebte und deren Cousin auf dem Gewissen und Estelle hat ihr uneheliches Kind ermordet und ihren Geliebten zum Selbstmord getrieben. Alsbald beginnt ein Machtspiel um die Herrschaft übereinander.

Der Hass aufeinander wird so gross, dass sie sich töten könnten, nur tot sind sie bereits. Durch das Totsein sind ihre schlechten Gewohnheiten und Ambitionen eingefroren und sie können sich nicht mehr ändern.



Als sich gegen Schluss die Tür öffnet, erschrecken alle vor der vermeintlichen Freiheit und klammern sich verängstigt aneinander. So hat die Notgemeinschaft weiter Bestand, ohne dass sie vorankommt.

Abschliessend sei bemerkt, dass durch den Verzicht auf eine Möblierung sich die Darsteller in ihrem Spiel voll entfalten können und kein Sofa den Blick auf die Bühne verdeckt. Das Stück ist solide inszeniert und verzichtet auf Showeffekte wie nackte Haut, übertrieben rohe Gewalt und rote Farbe. Dies ist gut so, denn das Stück ist, wie Eingangs beschrieben, keine leichte Kost und kann durch zeitgeistliche "Special-Effects" schnell den eigentlichen Inhalt des Stückes verlieren.




Dominik von Gunten

Dominik von Gunten wurde 1952 in Basel geboren. Seine ersten Theatererfahrungen sammelte er neben dem Studium der Literaturwissenschaften, als Regieassistent an verschiedenen Basler Theatern. Er studierte an der Hochschule der Künste Berlin Schauspiel, um Regisseur zu werden. Nach dem Diplomabschluss ging er nach Rom, um Clownerie zu lernen. Er zog dann mit Roy Bosiers Gruppe, I gesti di Roma durch Europa. Danach folgten ein Jahr mit Peter Brogle's Schaubude und einige Jahre als Regisseur, Produzent und Schauspieler in verschiedenen freien Theatergruppen. Seit knapp 20 Jahren lebt er in Deutschland und inszeniert als freier Regisseur in Freiburg, Mannheim, Erfurt, Potsdam, Linz und an anderen Theatern im deutschsprachigen Raum. Zwischendrin hatte Dominik von Gunten mal keine Lust mehr auf Theater und arbeitete eine Saison lang als Kellner in einem Hotel in Andermatt. Seit 2001 ist er Hausregisseur am Theater Ingolstadt. Mit seiner Inszenierung am Theater Biel Solothurn arbeitet er zum ersten Mal an einem Schweizer Theater.








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