Das eigentlich recht zierliche Objektiv sieht nicht so aus, aber wenn man das Takumar 83mm in die Hand nimmt, überrascht es mit seinem Gewicht.
Wie üblich in meinen Texten soll dies kein Testbericht oder review sein, sondern die Erfahrungen des Objektives an der modernen digitalen Kamera zeigen. Es sind nicht die technischen Daten und die Perfektion des Objektives im Vordergrund, sondern die "Fehler", welches ein Objektiv individualisiert und ihm Charakter gibt.
Pentax, oder besser Asahi Optical, baute 1952 die erste (japanische) Spiegelreflexkamera. Anfänglich hatte Pentax ein M37-Schraubgewinde, welches sie 1957 auf M42 änderten. Die Objektive dazu nannten sie Takumar.
Anfang der 50er wollte Asahi mit den "Grossen" wie Zeiss, Leitz und Voigtländer gleichziehen und ein lichtstarkes Portrait-Objektiv herausbringen. Seit 1938 hatte Zeiss bereits sein Biotar 75mm f/1.5 und auch zur Leica gab es ein 85mm f/1.5 Summarex. Beide Objektive waren aber bei voller Blendenöffnung weich und neigten zur Überstrahlung. Asahi nahm sich das Carl Zeiss 2/85 Sonnar als Vorbild, welches seit 1934 auf dem Markt war und rund 1/3 weniger wog. Es war bei Offenblende bereits sehr gut und gegenüber den f/1.5ern sehr kompakt und so entstand das Takumar 83mm f/1.9 in Chrom-Messing-Ausführung mit einer minimalen Fokus-Distanz von 1.2 Metern. Diese erste Serie (chrom) wurde von 1953 bis 57 gebaut, ab 1955 auch in schwarz. Durch die komplizierte Konstruktion (zweite Gruppe hatte 3 zementierte Linsen) war das Objektiv in der Fertigung sehr teuer und es gab gerade mal etwa 3600 Exemplare.
18 Blendenlamellen
Ab 1957 wurde das Objektiv leicht abgeändert (10 Lamellen statt deren 18) in M42 gebaut. Von dieser Variante soll es nur gerade 1'000 Stück gegeben haben, allerdings sind die Angaben zu den Stückzahlen je nach Quelle sehr unterschiedlich. Mein Exemplar hat einen M37-Anschluss, allerdings mit einem M37 auf M42 Ring versehen und so auch an modernen Kameras mit M42-Adapter zu verwenden. Das Takumar 1.9/83mm gilt als grosser Bruder zu dem ebenfalls als Sonnar konstruiertes Takumar 2/58mm.
Haptik und Bedienung
Das Objektiv liegt gut in der Hand und mit rund 350 Gramm ist es auch nicht zu schwer. Das Einschrauben in den M42-Adapter braucht Zeit, gerade wenn man ein modernes Bajonett gewöhnt ist. Die Filtergrösse von 49mm ist erstaunlich klein.
Um von nah auf fern zu fokussieren braucht es eine 3/4-Umdrehung des Entfernungringes. Der Tubus des Fokuses läuft satt und optimal und bietet eine grosse Grifffläche. Der Blendenring ist rasterlos und die 18 Lamellen bewegen sich lautlos und bilden praktisch einen Kreis. Mit dem vordersten Ring wird die gewünschte Blende vorgewählt (Preset). Die Skalen und Beschriftungen sind eingraviert. Die Naheinstellgrenze mit 120cm ist genügend und weit besser wie zum Beispiel beim viel jüngeren S-M-C Takumar 1.8/85mm. An der Sony Nex lässt es sich sehr gut bei Offenblende mittels Fokus-Peaking scharfstellen.
Offenblende&Bokeh
Das Objektiv ist eine Sonnar-Rechnung und verspricht hier eine gute Eignung für Portraits und eher schlechtere Eigenschaften bei Aufnahmen auf grosse Distanz. Das Bokeh ist angenehm im Voder- wie auch im Hintergrund.
Das Objektiv ist bei Offenblende sehr brauchbar, ab Blende 2.5 ist es bereits erstaunlich scharf und kontrastreich. Bis Blende 4 gewinnt es nochmals an Schärfe, der Hintergrund bleibt aber erstaunlich weich und pastellartig. Trotz Abblenden behält es eine schöne Wiedergabe im Unschärfebereich.
Flares, Ghosts&Blendensterne
Das 83mm ist (vermutlich) nicht vergütet. und bei direktem Gegenlicht überstrahlt das Objektiv und verliert sehr stark an Kontrast und etwas an Auflösung.
Hier ist die Sonne im oberen Teil des Bildes. Im 1:1-Ausschnitt ist der Detailverlust ersichtlich.
Hier dasselbe Motiv mit geändertem Standort, damit die Sonne nicht mehr im Objektiv ist.
Hier ein Beispiel, bei dem darauf geachtet wurde, dass in den Gesichtern keine Überstrahlung stattfindet.
Geisterbilder, Flares wie auch Blendensterne habe ich keine produzieren können. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, sind Sonnare doch bekannt für wenig Reflexionen, gutes Bokeh und guten Kontrast. Für die Eingangs erwähnten kreativen Spielereien mit optischen Unzulänglichkeiten ist das Objektiv zumindest für mich leider nicht geeignet.
Fazit
Das Objektiv ist eine Sonnar-Rechnung und vor allem für Portraits oder einzelne Objekte geeignet, welche man aus dem Umfeld hervorheben will. Es hat eine pastellartige Farbwiedergabe und ein schönes Bokeh. Es ist nicht so divenhaft wie zum Beispiel das Biotar 1.5/75, dafür weiss man im Vorfeld wie das Bild wird, egal bei welcher Blende oder Entfernung das Objektiv behält seinen Charakter.
Technische Daten des verwendeten Objektives:
Asahi Kogaku Takumar 83/1.9
Baujahr 1953-57
Konstruktion: 7 Elemente in 4 Gruppen
Blendenlamellen: 18
Bildwinkel Vollformat / APSC: 29° / 20°
Blendenbereich: f/1.9 bis f/16
Distanzskala: 1.2m bis unendlich
Gewicht: 350gMaximale Vergrösserung: 1:8.1
Abmessungen: D 52mm, L 60mm, Filter 49mm
Comments