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Wherlock – Der Basler Wächter über den Tanz!

Text für imScheinwerfer: Guido Laredo - Fotos: Andreas Isenegger


Richard Wherlock ist seit der Spielzeit 2001/2002 Direktor und Chefchoreograph des Ballet Basel, seit 2004 Intendant des Festivals «Basel tanzt» und braucht in interessierten Kreisen nicht näher vorgestellt zu werden. Seine vielbeachteten Werke und Choreographien, seine internationale Präsenz als Gastchoreograph sowie seine Arbeiten für Film und Fernsehen sprechen für sich. Am 6. November 2010 feiert das Theater Basel gemeinsam mit seinem Publikum «10 Jahre Ballet Basel mit Richard Wherlock».


Grund genug, den Direktor des Ballet Basel anlässlich eines Interviews etwas näher kennen zu lernen. Wir sind in der Kantine des Theater Basel verabredet. Mit etwas Verspätung erscheint ein nach aussen unprätentiös gekleideter Mann. Nach einer kurzen Begrüssung und einem «Hi, ich bin Richard» geht es gleich los. Wir wollen wissen, wie er den Schritt vom Tänzer zum Choreographen vollzogen hat.


Richard, wie hast Du den Schritt vom Tänzer zum Choreographen erlebt? War diese Entwicklung von Anfang an geplant?

Nein, man kann nicht sagen, dass ich diese Entwicklung von Anfang an geplant hätte. Aber Richard war schon immer ein Spitzbub! Während meiner Ausbildung an der Ballet Rambert School in London belegte ich das Fach Choreographie. Zudem hat mich Christopher Bruce – mein Mentor und Förderer - zu dieser Entwicklung ermuntert.

Die eigentliche Transition fand in Köln statt. Ich war am dortigen Theater als Solotänzer unter Vertrag. Eines Tages wollte ich einfach mal eine Idee für ein Ballet ausprobieren. Dem Direktor des Hauses hat das Stück so gut gefallen, dass er es gleich in sein Programm aufgenommen hat. So kam es, dass ich mich in Köln zum Hauschoreographen veränderte. Es folgten zahlreiche weitere Stationen als Choreograph in renommierten Häusern.

Ja, und vor zehn Jahren dann der Neuanfang in Basel. Ich erinnere mich gerne an die Anfangszeit zurück, wie mich das Publikum mit offenen Armen empfangen hat. In diesen zehn Jahren habe ich viel wertvolle Aufbauarbeit geleistet. Ich legte stets grossen Wert auf zeitgenössische Choreographie. Und dass sich die Choreographie meines Balletensembles in keine Schublade stecken lässt. Es sollen unterschiedlichste Tanzstile gepflegt werden. Ja, und dann natürlich die sehr erspriessliche Zusammenarbeit mit Kylián, den ich als meinen Mentor sehe.


Ist Richard Wherlock ein Choreograph, ein Tänzer, ein Künstler oder vielmehr ein Manager bzw. ein Politiker?

Einmal Tänzer - immer Tänzer! Die Perspektive eines Tänzers habe ich nie verloren. Natürlich denkt Richard nunmehr auch als Choreograph.

Aber ich bin kein Manager. Da liegen nicht meine Stärken. Dennoch behalte ich gerne den Überblick.

Richard der Politiker? Nein, ich bin kein Politiker. Aber ich bin ein Politiker für den Tanz. Für diese Kunst kämpfe ich! Meine Werke dagegen sind stets unpolitisch geblieben.


Wie gross ist der Einfluss eines Choreographen bei einer Probe? Wie muss man sich das konkret vorstellen?

Unser Haus zeichnet sich ja dadurch aus, dass wir sehr viele Gastchoreographen empfangen. Ich greife dabei nie in dessen Wirken ein. Ich bin zwar interessiert an deren Arbeit, aber ich greife nie ein. Zudem ist mir die interpretatorische Freiheit der Tänzer sehr wichtig.


Wenn wir nun einen kleinen Rückblick auf die Basler Jahre wagen. Welche Stationen hast Du innerhalb des Theater Basel durchlebt?

Als Choreograph ist es wie bei einem Maler. Man durchlebt verschiedene «Perioden». So war es auch in meinem Fall. In den vergangenen zehn Jahren hatte ich Phasen, in denen ich die Dynamik und Akrobatik in den Vordergrund stellte. Dann wiederum gab es Phasen, in denen mein Stil eher lyrisch langsam war. Es gab Zeiten, da betonte ich etwas mehr die Handlung. Zu einem anderen Zeitpunkt überwog dann das nichtnarrative Ballet.


Als interessierter Aussenstehender gewinnt man zuweilen den Eindruck, dass Richard Wherlock - nebst Choreograph und Balletdirektor – auch eine «fürsorgliche Vaterfigur» für seine Tänzer ist. Akzeptieren die Tänzer/Innen diese Rolle?

Wie soll denn ein Direktor führen? Es gibt kein Buch, welches diese Frage beantworten kann! Für meine Tänzer bin ich von allem ein bisschen: Psychologe, Vater, Mutter, Berater. Ich bin für meine Tänzer einfach da, wenn sie mich brauchen. Meine Bürotür ist stets offen. Motivieren ist dabei sicherlich eines meiner Stärken. Ich bin ein guter «Leader».


Richard, das Programm des Jubiläumsabends erinnert ein wenig an ein «Best-of» Album einer Rockband... Im Musikbusiness markiert ein solches Album oftmals auch den Schlusspunkt einer Ära. Ist das bei Richard auch der Fall?

Nein. Das ist definitiv nicht das Ende von Wherlock in Basel. Ich werde noch viele Jahre hier wirken. Ich sehe es mehr als Dankeschön an mein treues Publikum. Neben choreographischen Höhepunkten der letzten Jahre erwarten wir ja auch international angesehene Gäste, die einen tänzerischen Beitrag zur Feier leisten werden. Es ist also vielmehr ein gemeinsames feiern, ein «Come Together».


Wie kam das Programm zustande? Welche Kriterien waren ausschlaggebend? Was darf das Publikum erwarten?

Das Publikum darf sich auf ein Feuerwerk von Emotionen und Kreativität freuen. Humor, Leidenschaft und verschiedenste Tanzstile werden zu sehen sein. Der Abend ist ja längst ausverkauft. Für Interessierte wird eine direkte Fernsehübertragung ins Cinema Küchlin bewerkstelligt.


Ich möchte mir Dir gemeinsam einen kleinen Ausblick in die Zukunft wagen. Welche Ziele hat Richard Wherlock noch mit dem Theater Basel? Welche Bedeutung hat das Theater Basel für die Region? Und welche «Aufgaben» bzw. Funktionen sollte ein modernes Theater in der heutigen Zeit wahrnehmen?

Eine Stadt ohne Theater ist eine «dusty city»! Die Kultur in seinen vielfältigen Ausdrucksformen spielt eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft.

Ein Theater muss Fragen aufwerfen. Die eine oder andere davon sollte es auch beantworten. Es soll Dinge materialisieren, die der Mensch im Alltag eben nicht sehen will.

Ja, und solange ich hier bin, soll das Haus ein Dreispartenhaus bleiben.

Wir werden unterbrochen. Eine Mitarbeiterin macht auf den nächsten Termin des Direktors aufmerksam. Auch hier, es geht nun alles sehr schnell. Für Floskeln bleibt da wenig Zeit. Gut so. Wir sind hier doch nicht im Theater...


Danke für das Interview und für Deine Zeit.


Gern geschehen.

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